Paul Luther lernte in Torgau die Tochter Anna des früheren Domherren von Altenburg und jetzigen sächsischen Vizekanzlers Veit von Warbeck, der vor seiner Übersiedlung nach Sachsen fürstlicher Hofrat in Schwaben war, kennen. Anna war ein flottes, junges Mädchen. Sie trug einen langen Rock aus Damast mit einer Samtschleppe; wegen Verstoßes gegen die kurfürstliche Kleiderordnung wurde sie deshalb vom Torgauer Stadtrat in Strafe genommen. Anna beschwerte sich beim Kurfürst Moritz von Sachsen, der den nachfolgenden Erlaß nach Torgau schickte: . . . wir sind von der ehrbaren, unser lieben besonderen Jungfrau Anna von Warbeck demütig klagend berichtet worden, wie das Ihr ihr den damasken Rock mit einem sammeten Schweife zu tragen zu enthalten und noch dazu etliche Gulden zur Strafe zu entrichten auferlegt sollt haben. Wiewohl wir uns nun zu erinnern wissen, was wir der Kleidung halben in der Polizeiordnung haben ausgehen lassen. So vermerken wir doch, uns der gedachten Jungfrauen Vater einer von Adel und Fürstlicher Rat gewesen, auch die Damasten, wovon der Rock gemacht, fürstlich geschenkt und der Rock für genannte, ausgegangener Ordnung gemacht. Deswegen wir dann geschehen lassen, dass sie solche Röcke dann zu Ehren tragen möge und begehren demnach, Ihr wollet ihr solches auch also nachlassen und gestatten und sie mit der geforderten Strafe verschonen. Euch auch sonst gegen ihr dermassen verhalten und erzeigen, damit sie sich keiner Beschwerung zu beklagen habe. Daran geschieht unsere gänzlich zuverlässige Meinung. Die Verlobung von Paul Luther mit Anna von Warbeck gab Käthe Luther noch einmal einen Lichtblick.
Mehr als drei Monate lag Katharina krank. Oft bete sie, Gott möge die Reinheit seiner Lehre, die ihr Mann mit seinem Werk dieser Zeit wiedergebracht hat, den Nachkommen unverfälscht erhalten; sie selbst wolle an Christus kleben, wie die Klette am Kleid.
Am 20. Dezember 1552 schloss die Witwe des Reformators ihre Augen. Paul Eber, der Vizerektor der Universität, gab ihr Ableben mit einem Leichenprogramm Melanchthons bekannt: Mit ihren verwaisten Kindern mußte die als Witwe schon schwer Belastete unter den größten Gefahren umherirren, wie eine Geächtete. Großen Undank hat sie von vielen erfahren und von denen sie wegen der ungeheuren Verdienste ihres Mannes um die Kirche Wohltaten hoffen durfte, ist sie schmählich getäuscht worden.
Johannes Luther, der älteste Sohn, war eilends nach Torgau gekommen, wo er mit seinen beiden Brüdern und der Schwester die Mutter in der Stadtkirche St. Marien zu Grabe getragen hat. Die Universität hat dazu aufgerufen, die Gemahlin des großen Gottesmannes auf dem letzten Weg zu begleiten.
Mit großer Feierlichkeit wurde Martin Luthers Ehefrau bestattet, der Knabenchor sang ihr ein letztes Lied. Ein noch heute gut erhaltener Epitaph wurde in der Stadtkirche von Torgau zu ihrem Gedächtnis angebracht. Balthasar Mentius verfasste für Katharina ein Gedicht.
Transkription:
Cathrin von Bora bin ich genannt/
gebohren in dem Meißner Landt/
aus einem alten Edlen Stamm/
wie solchs mein Anherrn zeigen an/
die GOtt und dem Römischen Reich
mit Ehr und Ruhm gedienet gleich.
Als ich erwuchs/ zu Jahren kam/
der Tugend mich that nehmen an/
und jedermann bethöret war/
vom Pabst und seiner Münche.Lahr/
auch hoch erhabn der Nonnen-Stand/
ward ich ins Closter Nimetzsch gesand/
mein Ehr und Amt hätt ich in acht/
rief zu Gott/bethet Tag und Nacht/
für die Wohlfarth
der Christenheit/
GOtt mich erhört und auch erfreut.
Doctor Luther/den kühnen Held/
mir zu einm Ehmann außerwehlt/
dem ich im keuschen Ehstand mein
gebahr drey Söhn und Töchterlein.
Im Wittwenstand lebt sieben Jahr/
nachdem mein Herr gestorben war.
Zu Torgau in der schönen Stadt
man meinen Leib begraben hat;
biß GOttes Posaun thát
ergehn
und alle Menschen heißt aufstehn/
alsdenn will ich mit meinem Herrn
GOtt ewig loben/ rühmen/ehrn/
und mit der Außerwehlten Schaar/
in Freuden leben immerdar.
Johannes Luther hatte nun als der Familienälteste für seine beiden Brüder und die Schwester zu sorgen. Wenige Wochen, nachdem die Mutter zu Grabe getragen war, heiratete der gerade 20jährige Paul in Torgau die Anna von Warbeck. Ohne Zweifel war dies im Sinne des Vaters, der auch Johann Schneidewein, welcher bei Martin Luther wie ein eigener Sohn aufgewachsen ist, zur Verehelichung geraten hat, als dieser kaum 20 Jahre alt war. Die jungen Leute sollen nicht weitläufig werden, bei Zeiten lernen das Haus zu hüten und das Kreuz zu tragen, meinte der Reformator.
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Kurz darauf konnte die Universität nach Wittenberg zurückkehren, wo der junge Ehemann und sein Bruder Martin ihr Studium fortsetzten. Zur Freude der Schwester Margareta kam auch Georg von Kunheim nach Wittenberg zurück. Johannes Luther folgte dem Ruf des Kurfürsten Johann Friedrich von Sachsen als dessen Sekretär sowie Kanzleirat an die neue Residenz zu Weimar.
Im Sommer 1553 geriet der Kurfürst Moritz von Sachsen mit dem Markgrafen von Kulmbach-Bayreuth, Albrecht von Brandenburg, in eine kriegerische Auseinandersetzung. Markgraf Albrecht stand im Schmalkaldischen Krieg auf der Seite des Kaisers, obwohl er sich zu den Protestanten bekannte, beteiligte sich dann an der Fürstenverschwörung des Kurfürsten Moritz, wo er maßgeblich an dem Vertrag mit dem König Heinrich II. von Frankreich beteiligt war. Nun stand Albrecht wieder auf des Kaisers Seite. In der Schlacht bei Peine im Lüneburgischen wurde er besiegt und mußte geächtet nach Frankreich fliehen. In dieser Schlacht wurde der Kurfürst Moritz am 9. Juli 1553 von einer tödlichen Kugel getroffen. Ihm folgte sein Bruder Albrecht als Kurfürst von Sachsen.
Der neue Kurfürst war auf Ruhe und Frieden in seinem Lande bedacht, förderte das evangelische Religionswesen und begründete die Kunstsammlungen in Dresden. Unter ihm gewannen die Leipziger Messen wesentlich an Bedeutung im internationalen Handel. Kurfürst Albrecht heiratete die Tochter Anna des König Christian III. von Dänemark, die wegen ihrer verbreiteten Wohltätigkeit ,Mutter Anna' genannt wurde. Eine enge Freundschaft pflegte Kurfürst Albrecht zu Johann Georg, dem Sohn des Kurfürsten von Brandenburg, Joachim II. Ebenso bestand zu den Luthersöhnen Johannes und Paul ein guter Kontakt. Mit Johann Friedrich in Weimar hat er sich wieder vertragen und damit beide Häuser Sachsens zusammengeführt. Lange Zeit herrschte Friede unter seiner kurfürstlichen Regierung.
Johannes Luther bemühte sich nun um die Erbteilung nach dem Testament des Vaters. Am 29. Juni 1553 trafen sich die Geschwister in Wittenberg mit ihrem Onkel Jacob Luther aus Mansfeld, dem Bruder des Reformators. Im Beisein von Philipp Melanchthon und dem Bürgermeister Ambrosius Reiter, den kurfürstlich bestellten Vormündern, teilten sie den Nachlass. Das Lehnsgut Wachsdorf stand alleine den drei Söhnen zu. Zum Ausgleich erhielt Margareta die beiden Gärten an der Specke, den Hopfengarten, sowie den Baumgarten am Saumarkt; weil diese nur mit etwa 500 Gulden Wert anzusetzen waren, Wachsdorf aber mindestens mit dem damaligen Kaufpreis von 2.200 Gulden, bekam sie von den Brüdern gemeinsam noch einen Ausgleich in Höhe von 125 Gulden. Den auflaufenden Lohn für das Gesinde des Gutes trugen die Geschwister wegen der gemeinsamen Nutzung bis Ostern 1554 zu gleichen Teilen. Von da an sollten aber die Brüder allein alle Gebäude, Zugehörigkeiten und das Vieh übernehmen und bestellen. Alle Früchte kämen zur gemeinsamen Aufteilung, und ein Bruder sollte einen Hofmeister bestellen, von dem er die Rechnung entgegennimmt. Die Zahlung an Margareta sollte aus den noch offenstehenden, ebenfalls aufzuteilenden 1.000 Gulden aus Mansfeld genommen werden.
Das Haus in Wittenberg blieb im gemeinsamen Besitz und war wohl mit einem Wert von etwa 4.000 Gulden angesetzt. Der Zins aus Vermietung der Stuben und anderen Nutzungen wurde unter den vier Geschwistern aufgeteilt. Auch das Silber und die Möbel, alles Hausgerät an Zinn, Messing und Kupfer, Tisch und Kasten wurden gleichmäßig geteilt, wobei die Schwester sich zur Wahl das jeweils schönste Stück aussuchen durfte. Dagegen wurden die Bücher D. Martin Luthers unter den Söhnen aufgeteilt. Für all diese Einrichtungen wird ein Wert von 1.200 Gulden sowie 800 Gulden für die Bücher angesetzt worden sein.
Infolge der Kriegsverluste und damit verbundener Flucht sind einige Schulden erwachsen, die auszugleichen waren. Hierzu wurde das Gut Zülsdorf mit allem Vieh und Zubehör an den Bürgermeister Christoff Keller für 956 Gulden verkauft. Neben den Schulden war noch einiges Silber beliehen, was zu gleichen Teilen abgelöst wurde. Danach verblieben etwa 400 Gulden aus dem Zülsdorfer Erlös. Hinzu kam noch Brauers Bude, das kleine Haus am schwarzen Kloster, das damals für 430 Gulden gekauft, wonach aber noch reichlich investiert worden ist.
Somit ist das Vermögen des Reformators mit etwa 12.000 Gulden Wertansatz, einem für damalige Verhältnisse beträchtlichen Vermögen, unter seinen Kindern aufgeteilt worden. Im April 1554 wurde diese Erbteilung dokumentiert und von Johannes Schneidewein, Philipp Melanchthon, Jacob Luther und Ambrosius Reiter unterschrieben und gesiegelt.
Den Ausgleich der Schulden scheint Melanchthon besorgt zu haben. In einem Brief vom 13. Oktober 1553 schreibt er an Johannes Luther, nachdem er von dessen Diener Andreas aufgesucht war: . . . außerdem sagte er nichts über die Sache, ob er versöhnt sei, wenn dieses Geld gegeben sei, das wir anboten.
Paul Luther verbrachte die ersten Ehejahre mit Anna von Warbeck im schwarzen Kloster und setzte das Medizinstudium fort. Auch Margareta und Martin, der sich nun um Wachsdorf kümmerte, blieben hier.
Kurfürst Johann Friedrich verstarb am 3. März 1554 in Weimar. Sein Sohn, Herzog Johann Friedrich der Mittlere wurde Nachfolger. In seinen Diensten stand nun Johannes Luther. Als sächsischer Rat nahm er ab Ende 1554 unter anderem mit Nikolaus von Amsdorf an den General Visitationen der Weimarischen Kirchen teil.
Lucas Cranach der Ältere ist bereits 1547 wegen des Schmalkaldischen Krieges nach Weimar übergesiedelt und hier am 16. Oktober 1553 verstorben.
Fortsetzung mit Teil 3 folgt in der nächsten Ausgabe von qoqa.de
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